Chris und Benny hatten den Nachmittag entspannt angehen lassen. Kaum hatten ihre Ex-Frauen das Hotel verlassen, tauchten Som und Aeow wieder auf. Sie wussten, dass sie sich auf ihren Schatten verlassen konnten und so beschlossen sie, erst einmal etwas essen zu gehen. Per SMS wurden sie darüber informiert, wo sich die beiden Frauen gerade aufhielten. Es wäre fatal gewesen, ihnen zufällig über den Weg zu laufen, wähnten die beiden Emanzen sie doch in Deutschland.
Christel und Wilma hatten überhaupt keinen Plan, wo sie sich ihre Testpersonen suchen sollten, flanierten wie schon ein paar Tage zuvor an der Beach Road entlang. Nach ihrem letzten Erlebnis hier sahen sie das bunte Treiben mit etwas anderen Augen. Immer wieder mal kreuzten Paare ihren Weg, bei denen sie in Ermangelung einer angepassten Sichtweise den Altersunterschied zwischen Männlein und Weiblein auf zumeist über 30 Jahre schätzten. Wilma hatte ein sorgsames Auge auf Christel, achtete sensibel auf kleine Auffälligkeiten in ihrem Verhalten, die eventuell auf ein erneutes Ausrasten hindeuteten. Aber Christel hatte sich entweder mit den Fakten abgefunden oder aber sie hielt sich eisern im Zaum. Wilma vermutete eher das Letztere.
„Lass uns doch mal in dieses Kaufhaus gehen.“
Wilma deutete hinüber auf die andere Straßenseite zu Mike Shopping Mall. Wilma sah leicht gespannt zu Christel rüber. Zu ihrer Erleichterung stimmte Christel zu. Es dauerte einige Zeit, bis sie eine genügend große Lücke im Verkehr ausnutzen konnten, um gefahrlos die Seite zu wechseln. Sie atmeten beide etwas erleichtert auf, als sie der Hitze entschwanden und das klimatisierte Gebäude betraten. Interessiert sahen sie sich die Auswahl an Sachen an. Im vorderen Bereich gab es viele kleine Händler, die ihnen Shirts, Shorts und allerlei andere Sachen anzudrehen versuchten. Sie ließen sich allerdings nicht ködern sondern gingen weiter.
Sie verließen die Shopping Mall und fanden sich an der 2nd Road wieder. Christel deutet auf das gegenüberliegende Restaurant. In großen Leuchtbuchstaben stand dort geschrieben „Kiss Food and Drink“.
„Ich habe Durst, wie sieht es bei dir aus?“
„Ein kühles Bier wäre jetzt nicht schlecht. Es scheint ein recht nettes Plätzchen zu sein, einverstanden.“
Sie gingen bis zur Straße und wieder mussten sie extrem auf den Verkehr achten. Die Thais auch Touristen schienen sich wenig um das Fußvolk zu scheren, dass da immer wieder verwegen versuchte, die Straße zu überqueren. Christel und Wilma wirkten etwas unsicher und auch der vorhandene Zebrastreifen verlieh ihnen kein Gefühl von Sicherheit. Aber schließlich nahmen sie auch diese kleine Hürde und setzten sich an einen freien Tisch in der Passage. Sie bestellten sich beide ein Heineken Bier und wenig später genossen sie das gut gekühlte Bier während sie das Treiben in der Passage beobachteten. Gegenüber ihrem Tisch gab es eine Massage die recht gut besucht schien.
„Wilma, ist dir schon mal aufgefallen, dass die Masseusen die dort arbeiten eigentlich recht normal aussehen und wohl einer seriösen Arbeit nachgehen. Die machen da wohl nur Fußmassagen.“
„Das mag schon sein, dass das alles ganz seriös ist. Aber die bieten auch mehr an. Zumindest steht es ja da geschrieben, Thaimassage, Ölmassage. Und die Preise, die ich da gesehen habe, sind ja weit weg von dem, was wir gestern bezahlt haben.“
Schmerzlich wurden sie daran erinnert, dass das zweifelhafte Vergnügen gestern ein beträchtliches Vielfaches von dem gekostet hat, was hier genommen wurde.
„Der Laden scheint ja auch seriös zu sein, zumindest tragen die Masseurinnen so eine spezielle Arbeitskleidung. Das hat ja nichts mit den Berichten von den Massagetempeln zu tun von denen wir gehört haben.“
„Wer weiß, was da hinter den Kulissen abläuft. Das bekommen wir ja hier nicht mit.“
Nach wie vor versuchte Christel überall einen Ansatzpunkt für dubioses Handeln zu sehen. Und eigentlich hatte sie ja auch Recht, denn in den meisten dieser von außen seriös anmutenden Massagen wurde hier und da mal ein Sonderwunsch erfüllt. Aber definitiv mit Ausnahme der Massagen in der Soi Honey Inn und deiniger Massagen entlang der Soi Buakhao steht hier die Massageleistung im Vordergrund, wenn auch mit Hintergedanken. Aber wer konnte es den Mädchen verdenken, sich ein kleines Zubrot zu verdienen. Bei Preisen zwischen 200 und 300 Baht für eine einstündige Massage bekamen sie von dem Stunden preis gerade mal ein Drittel. Den größten Anteil erwirtschafteten sie sich Tips und die Erfüllung kleiner Extrawünsche. Die Dreisten arbeiteten genau darauf hin, denn sobald ein Mann während einer Ölmassage einen Steifen bekam, war es recht einfach ihn dazu zu überreden, sich auch dieser Versteifung anzunehmen. Nur selten blieb einer standhaft und widersetzte sich dem Können der Masseusen.
Die Hitze des Nachmittags forderte ihren Tribut, Christel und Wilma hatten reichlich Durst und der ersten Flasche folgte alsbald die zweite. Thailand lag etwa 2000 km vom Äquator weg und diese Nähe hatte zur Folge, dass über das Jahr die Zeiten des Sonnenauf- und untergangs nur etwa um eine Stunde abwichen. Vor allem aber ging die Sonne schnell unter und die blaue Stunde war recht kurz. Überall flammten die Neonlichter auf und gaben dem nächtlichen Antlitz von Pattaya das typische Flair einer Metropole, die des Nachts zum Leben erwacht. Nach wie vor saßen Wilma und Christel an ihrem Platz, sahen den Mädchen nach, die zu ihrer Arbeitsstätte in den nahe liegenden Bars eilten, empörten sich still über die in ihren Augen ungleichen Paarungen alternder, dickbäuchiger Männer mit Mädchen in ihrem Schlepptau, die um ein Vielfaches jünger schienen. Beide Frauen hingen so ihren eigenen Gedanken nach. Christels Aufmerksamkeit wurde allerdings jäh gefordert. Ihr fielen zwei jüngere Männer auf, die wohl gerade eine Massage beendet hatten und die Massage verließen. Unschlüssig blickten sie sich um, wussten wohl erst einmal nicht, in welche Richtung sie sie wenden sollten. Christel hatte wohl für sich instinktiv erfasst, dass diese Beiden die Richtigen für ihr Vorhaben wären. Beide trugen helle, lockere Shorts, dazu passende Hemden und wohl echte Nike Sportschuhe mit passenden Socken. Ihrem aufmerksamen Blick entging auch nicht, dass sich die Shorts der Beiden sanft ausbeulten. Christel stand so unvermittelt auf, dass Wilma regelrecht erschrak. Mit gespielt unbeholfenen Schritten ging sie zur Massage rüber und für die beiden Jungs hatte es wohl den Anschein, als wollte sich Christel eine Massage gönnen. Die beiden Jungs sahen Christel entgegen, nahmen wahr, dass Christel keinen BH trug uns sich ihr Busen bei jedem Schritt auffällig unter der Bluse bewegte. Als Christel auf Höhe der Beiden war, strauchelte sie etwas. Für die beiden Jungs mochte es Aussehen wie eine Unaufmerksamkeit von Christel. Wahrscheinlich hielten sie sie für etwas angetrunken, reagierten aber, wie von Christel beabsichtigt, instinktiv. Der junge Mann rechts von Christel griff blitzschnell nach ihrem Arm um sie vor dem vermeintlich absehbaren Sturz zu bewahren. Christels Arm fuhr aber gleichzeitig nach oben und ihre Hand krallte sich in sein Hemd. Ob jetzt beabsichtigt oder nicht, riss ein Knopf ab. Christel hatte ihre Standfestigkeit wiedererlangt. Trotzdem sah es im ersten Moment etwas komisch aus, wie ihr Arm über der Schulter des jungen Mannes lag, der ihren Sturz verhindert hatte. Sie stand ihm dabei so nah, dass sich ihr Busen gegen seine Brust drückte. Sie verharrte ein paar Sekunden in dieser Position um den gefühlten Eindruck wirken zu lassen, löste sich mit einer Entschuldigung von ihm.
„Kein Problem, du kommst wohl aus Deutschland?“
Erst jetzt wurde Christel bewusst, dass er dies an ihrer Entschuldigung erkannt hatte. Andrerseits musste sie sich für einen Moment gewaltig beherrschen, da sie von diesem Typen einfach respektlos geduzt wurde. Sie besann sich schnell wieder auf ihr Vorhaben und schluckte ihren Ärger über diese unverschämte, persönliche Anrede einfach runter. Es kostete sie dennoch etwas Überwendung, ihn ebenfalls auf diese persönliche Art anzusprechen.
„Tausend Dank, hättest du mich nicht gehalten, wäre ich wohl auf die Nase gefallen. Das mit deinem Hemd tut mir leid. Ich möchte es gerne wieder gut machen.“
„Nicht der Rede wert, solche Hemden bekommt man hier für wenig Geld nachgeschmissen.“
Mit einer solchen Reaktion hatte Christel nicht gerechnet. In Deutschland hätte ein halbwegs normaler Mann eine solche Aufforderung mit Kusshand angenommen. Was bildet sich dieser Kerl bloß ein?
„Bitte, ich bestehe darauf. Ich möchte euch beide einladen. Und wenn ich sage ‚einladen‘, dann meine ich das auch. Dort drüben sitzt meine Freundin. Du hast mich davor bewahrt, mich übel zu verletzten und ich habe dir dein Hemd kaputt gemacht. Bitte, ich bestehe darauf.“
In diesem Moment hasste Christel sich selbst dafür, sich so anbiedern zu müssen. Immer wieder rief sie sich den Zweck ihres Handelns ins Bewusstsein, schaffte es so, sich zu überwinden ohne dass die Beiden etwas merkten, mit welch innerem Zwiespalt Christel zu kämpfen hatte.
„Was meinst du, Tommy?“
Tommy nickte nur.
„Was soll‘s, auf einen Drink können wir uns ja mal einlassen. Der Abend ist ja noch lang.“
Christel frohlockte, ein erster Schritt war getan, der Köder war ausgeworfen. Zusammen gingen sie zurück zum Tisch, an dem Wilma saß und scheinbar etwas konsterniert über Christels Anmache zu ihnen aufsah.
„Darf ich vorstellen, das ist meine Freundin Wilma, ich heiße Christel.“
„Dass mein Kumpel Tommy heißt, hast du ja schon mitbekommen, ich heiße Marc.“
Nachdem sie sich alle begrüßt hatten, wollten sich Tommy und Marc gerade setzen. Christel hielt sie auf.
„Wartet bitte, hier ist das doch ziemlich öde. Wir haben dort an einer Shopping Mall so einen alten VW-Bulli gesehen, der zu einer Cocktail Bar umgebaut wurde. Ich hoffe, ihr mögt Cocktails.“
Tommy und Marc sahen sich kurz an und nickten zustimmend.
„Die haben wir auch schon öfters in Pattaya gesehen. Da scheint es einige von zu geben. Und so einen rollenden Promilleschuppen wollten wir immer schon mal ansteuern, gute Idee.“
Christel rief nach der Bedienung und beglich die Rechnung. Zusammen schlenderten sie dann zurück in Richtung Beach Road. Wieder mussten sie die 2nd Road überqueren.
„Dieser heftige Verkehr macht mich ängstlich“
Mit diesen Worten hakte sie sich hilfesuchend bei Marc ein und der ließ es geschehen. Etwas zögerlich folgte Wilma Christels Beispiel und auch Tommy machte keine Anstalten, diese Geste auszuschlagen. So erreichten sie die Bach Road und wandten sich nach links, blieben auf der dem Beach angewandten Seite der Straße. Etwas oberhalb des Royal Garden fanden sie die von Christel erwähnte Bar. Sie suchten sich einen freien Tisch und nahmen Platz.
„Ich hoffe, ihr mögt Caipi. Das ist zumindest einer unserer Lieblingscocktails.“
„Kein Problem, wir überlassen es euch, ihr habt uns eingeladen. Aber Caipi ist ein nettes Gesöff, das mögen wir.“
Christel wartete, bis eine Bedienung kam um die Bestellung aufzunehmen. Nur wenig später wurde die Caipis serviert. Sie stießen an und genossen die kühlende Wirkung und den scharfen Geschmack der Minze. Christel spielte die Neugierige.
„Wo kommt ihr her, ist das euer erster Besuch hier?“
„Wir kommen aus Hamburg und wir sind in der Tat das erste Mal hier. Wie sieht es bei euch aus?
„Wir sind ebenfalls das erste Mal in Pattaya, in Thailand überhaupt. Wir wollten diese legendäre Partymeile unbedingt mal kennenlernen.“
„Es kommt allerdings selten vor, dass man hier von zwei attraktiven Frauen aus unseren Breitengraden eingeladen wird. Es sind wohl eher die einheimischen Mädchen, die sonst Augen auf uns werfen.“
Christel und Wilma nickten einhellig. Aber sie hatten keine Lust, auf die Vorzüge der Einheimischen zu sprechen zu kommen. Geschickt wechselte Christel das Thema.
„Ihr habt euch eine Massage gegönnt? Wie war das, wie läuft so etwas ab. Wir wollten uns das ja auch mal gönnen, haben uns bis jetzt immer etwas geziert.“
„Das ist eigentlich nichts Besonderes, man geht rein, entscheidet sich für eine Thai- oder Ölmassage und genießt dann eine oder auch zwei Stunden. Mir ist es schon passiert, dass ich dabei mal eingeschlafen bin. Probiert es einfach mal aus. Die Massage, bei der wir uns getroffen haben, ist ganz gut. Aber jetzt lasst uns erst mal anstoßen.“
Marc und Tommy griffen nach ihren Gläsern und hielten sie Christel und Wilma entgegen. Sie prosteten sich zu und tranken mit einem gewissen Genuss den Caipi.