Teil 5
Xian war dann auch das absolut Schlimmste, was uns in China widerfahren ist. Die Terracotta-Armee aber ist einmalig und man muss sie, trotz aller möglichen Schikanen, unbedingt gesehen haben.
Das Hotel war von der Bushaltestelle zu Fuß erreichbar und eigentlich ganz OK. Wir legten uns nach der langen Reise ein wenig flach und waren echt froh, dass doch alles so gut geklappt hat.
Am Abend hatten wir allerdings auf einem Essenmarkt schon wieder Ärger. Bei der Bestellung von 3 Nudelsuppen vergaß ich, vorher nach dem Preis zu fragen. Als ich bezahlen wollte, forderte man von mir eine Summe in FEC. Als ich diese umgerechnet habe, war das ein Gegenwert von ca. 50 DM. Ich glaubte, mich verhört zu haben und fragte noch einmal nach. Es blieb bei der Forderung. Da derartige Suppen bis jetzt nie mehr, als umgerechnet eine Mark gekostet haben, bot ich umgerechnet 5 DM in FEC, was schon deutlich zu viel war. Nein – man blieb bei der Forderung. Ich erklärte dann, dass ich so viel FEC gar nicht dabei hätte. Da wurde ein Polizist herbeigerufen, der sich diese Story von der Marktfrau anhörte. Dieser fragte mich dann, wieviel FEC ich denn dabei hätte. Ich log ihm die Summe vor, die ich auch der Marktfrau genannt hatte. Da wollte er in meinen Geldbeutel schauen. Das habe ich natürlich strikt abgelehnt. Zuerst wollte er mich daraufhin festnehmen, fragte mich aber dann, ob ich noch Geld in anderen Währungen dabei hätte. Da mich meine, vor Angst schlotterten Mädels dann anflehten, zu bezahlen, gestand ich ihm ein paar Dollarnoten, die ich als äußerste Reserve dabeihätte. Zuerst forderte er 20 $, was ich nicht zahlen wollte. Als er dann ein allerletztes Angebot von 10 $ machte und mir noch einmal mit Festnahme drohte, steckte ihm meine Tochter einen 10 $ Schein aus ihrer eigenen Reserve zu.
Inzwischen war der halbe Markt zusammengelaufen, um uns zu beschimpfen und zu bedrohen und wir sind auf dem schnellsten Weg ins Hotel zurück geflüchtet.
“Ha Hurafotzpatronatäschle“, dachte ich, “wo sind wir denn hier gelandet?“
Wir wollten daraufhin nur noch am morgigen Tag die Terracotta-Armee besichtigen und übermorgen nach Peking starten.
Als mir dafür dann für den morgigen Tag ein Hotel-Taxi (ein vom Hotel vermitteltes Privat-Taxi) angeboten wurde, habe ich nachgerechnet, und meinte, dass das etwas überzogen war. Meinte dann zu meinen Mädels: “Das organisiere ich selber; ich krieg das billiger!“
Wie man sich doch täuschen kann“.
Todmüde waren wir dann schon um 20 Uhr im Bett. Gerade eingedöst, fing ein Bohrhammer zu knattern an. Scheinbar hat dies nur uns gestört, denn es ging bis Mitternacht. Ich hatte solche Aggressionen, dass ich nur mit Mühe von meinen Mädels abgehalten werden konnte, die Lärmquelle zu orten und die Verursacher zu erschlagen. Am meisten hat mich aber enttäuscht, dass kein Chinese so viel Mut aufbringen konnte, bei der Rezeption zu reklamieren. Sollte das ausgerechnet ich als Ausländer übernehmen?
Als es dann nach 4 Stunden endlich aufgehört hatte, dachte ich: “Na wartet – wenn jetzt einer von euch Feiglingen meint, schlafen zu können, hat er sich getäuscht“.
Habe mich dann in die Badewanne gesetzt und mit einer Flasche gut eine Stunde immer wieder gegen das Blech gehämmert. Das hat dann schließlich doch einige gestört, denn immer wieder waren draußen im Gang Schritte und Stimmen zu hören. Da habe ich dann kurz aufgehört, bis draußen wieder alles ruhig war, um dann wieder weiter zu klopfen.
Als mich dann meine Mädels schließlich kniend angefleht haben, doch endlich aufzuhören, bin ich widerwillig wieder ins Bett.
Jaaahhh – heute weiß ich, dass diese Klopferei Scheiße war. Damals war ich eben noch jünger und impulsiver. Heute würde mir das nicht mehr passieren.
Habe aber auch, noch Jahre später, gute Ergebnisse mit gellenden Schreien erzielt. Das letzte Mal in Chiang Mai im “Inter Inn“, wo sich bis nach Mitternacht der damalige Farang-Besitzer mit seiner Mia lauthals in den Haaren hatten. Es war deutlich zu hören, um was es ging, als Worte fielen: “And you fucked him in my bed!“
Da öffnete ich ein Fenster zum Innenhof und brüllte, so laut ich nur konnte, AAAAAHHHHH!!!
Ab da war es beängstigend still. Kurzdarauf war die Polizei im Haus. Man klopfte auch bei mir und fragte, ob alles in Ordnung sei. Mich schlaftrunken gebend, behauptete ich, dass ich gar nix gehört hätte.
Als ich mir dann an der Rezeption noch ein Bier holen wollte, stand da ein junges Backpacker-Pärchen, das mitten in der Nacht auschecken und sein Geld wiederhaben wollte. Das weinende Girl wollte keine weitere Minute länger at this terrible place bleiben.
Dies nur eine kurze Abschweifung zum Thema “Nachtruhestörungen in Hotels“.
Nach dem Frühstück habe ich dann draußen mehrere Taxis angehalten, um einen Tagespreis für diese 40 km hin und 40 km zurück, einschließlich der Wartezeit auszuhandeln. Einer machte mir dann ein Angebot, das bei der Hälfte vom Hotel-Taxi lag. “Seht ihr, geht doch“, meinte ich stolz zu meinen Mädels. Wir stiegen ein und freuten uns auf einen schönen Tag.
Ungefähr nach 20 km meinte der Taxler dann so ganz nebenbei, dass der ausgehandelte Preis nur für die Hinfahrt sei. Zurück natürlich das Doppelte. Als ich darauf auf keinen Fall eingehen wollte, drohte er uns körperliche Gewalt an und nötigte uns zum Aussteigen. Schwuppdiwupp und wech warer.
Da standen wir nun mitten in der Pampa und versuchten, Autos anzuhalten, in der Hoffnung, dass uns eines zurück nach Xian bringt. Nach 2 Stunden verzweifelten Wartens, hielt ein Polizeiauto. Ich befürchtete Schlimmstes. Irgendwie gelang es mir aber dann doch, unsere Story glaubhaft rüberzubringen. Die Polzisten entschuldigen sich dann sogar noch für diesen kriminellen Taxler und brachten uns zum Hotel zurück. Ein angemessenes Geschenk von einigen FEC lehnten sie entrüstet ab.
Um noch einmal zu starten, war es jetzt zu spät. So verschoben wir das auf Morgen, wo wir eigentlich abreisen wollten.
Um abends noch einmal in dieser schrecklichen Stadt das Hotel zu verlassen, hatten wir alle 3 keine Lust mehr. So aßen wir im Hotel-Restaurant noch einen Snack und tranken eine Flasche Chinesischen Wein dazu, der nicht einmal schlecht geschmeckt hat und preislich im Rahmen lag.
Morgens, nach dem inklusiven Breakfast, buchte ich an der Rezeption ein Hotel-Taxi, das ich vorab bezahlen musste. Man garantierte mir aber, dass diese Fahrt, wie abgesprochen, ablaufen würde.
Gestunken hat mir dann schon wieder, dass wir alle 3 hinten sitzen sollten. Um die Ecke stieg auch schon ein “Ersatzfahrer“ zu, von dem, wie es sich später herausstellte, die Rezeption gar nichts gewusst hatte.
Unterwegs wurden wir von 2 Polizisten angehalten, die dann lautstark mit dem Fahrer diskutierten. Als es schließlich um eine Geldforderung zu gehen schien, zeigte der Fahrer auf uns !!! Die Polizisten erklärten mir dann, dass wir nicht angeschnallt wären. Ich erklärte denen dann wiederum, wie wir uns anschnallen sollten, wenn es hinten doch gar keine Gurte gäbe. Nach langer Diskussion mit dem Fahrer musste dieser dann eine Strafe bezahlen, die seinen Tagesverdienst scheinbar weit überschritt. Sobald wir wieder fuhren, forderte er dann auch, dass wir das zu übernehmen hätten, oder mindestens die Hälfte davon. Ich versprach ihm, das dann mit der Rezeption abzuklären.
Vom Parkplatz wurden wir dann zu einem Restaurant geführt, wo die beiden auf uns warten wollten.
An der Kasse kauften wir die Tickets und besichtigten dieses absolute Highlight unserer bisherigen Reise.
Was mir dann schon wieder gestunken hat, war das strenge Fotografier-Verbot, was ich bei diesem saftigen Ticketpreis als unverschämt empfand. Dies eigentlich überall, ob es nun im Ägyptischen Museum, oder im Schloss Neuschwanstein ist.
Nun ja – wir hatten es mit eigenen Augen gesehen und es gibt genug Literatur und Fotos davon.
Als wir dann unsere Fahrer am vereinbarten Treffpunkt trafen, hatten die es sich nach einem üppigen Lunch mit 2 Bier gemütlich gemacht. Meinten dann, dass es nun auch für uns Zeit sei, etwas zu essen und wiesen uns an, uns zu setzen.
Aber Moment mal – wir suchen uns das Lokal, wo wir essen wollen, schon selber aus. Und wir wollen auch alleine an einem Tisch sitzen!
Als ich dies klar und deutlich rübergebracht habe, wurde der Kellner gerufen, der uns die Rechnung überreichte.
Nun – ich wäre der Letzte, der einen freundlichen Menschen, der eine Dienstleistung zu meiner Zufriedenheit für mich erledigt, nicht zu einem Essen oder Getränk einladen würde. Aber gerade diese zwei ekeligen Kotzbrocken – nein, diese nicht! Es wurde dann noch diskutiert, dass das hier so üblich sei und überhaupt …..!
“Schluss jetzt! Wir werden hier gar nix essen und ihr werdet eure Zeche selber bezahlen. Dann werdet ihr uns sofort zum Hotel zurückbringen – verstanden !!!“
Die Rückfahrt verlief mit eisigem Schweigen. Gezwungenermaßen musste der Fahrer dann mit uns zur Rezeption, um seinen Lohn in Empfang zu nehmen. Auf die Frage, ob alles zu unserer Zufriedenheit geklappt hätte, habe ich dann all meinen Frust abgeladen. Man entschuldigte sich ergebenst und nahm sich dann den Fahrer vor. Wir sind dann sofort auf unser Zimmer gegangen. Meine Tochter meinte noch: “Dir ist wohl klar, dass du den armen Kerl um seinen Job gebracht hast.“ Das war mir aber in diesem Moment scheißegal.
Da wir am nächsten Tag unbedingt weiter wollten, bat ich etwas später bei der Rezeption, uns die Tickets für einen Zug nach Peking zu besorgen, was in diesem Hotel damals als Service angeboten wurde. Zwei Stunden später haben wir sie dann auch mit der Rechnung ohne Aufpreis erhalten.
Man entschuldigte sich noch einmal für den Taxifahrer und bot uns als Wiedergutmachung ein kostenloses Dinner im Hotel-Restaurant an, was wir natürlich auch gerne in Anspruch genommen haben.
Wir sind dann gegen 9 Uhr am nächsten Tag ausgecheckt und wurden mit einem Hotel-Taxi von einem sehr freundlichen Fahrer gegen Vorkasse zum Bahnhof gefahren.
Ach ja, das Auschecken: Das verlief in jedem Hotel ähnlich ab. Während man die Rechnung bezahlte, wurde ein Zimmermädchen telefonisch beauftragt, das Zimmer zu inspizieren, ob ja kein Handtuch oder gar der TV gemopst wurde. Erst dann durfte man abreisen.
Die über 1000 km lange Fahrt verlief dann in einem Schlafwagen in der Kategorie “hart schlafen“ ab und war ohne Probleme. Am nächsten Tag kamen wir wohlbehalten in Peking an.
Fortsetzung folgt!