Wettrüsten im Land des Lächelns
Neue Panzer, Hubschrauber, Kampfjets: Thailand rüstet auf. Im großen Stil kauft das Land weltweit Waffen auf, auch in Deutschland wurden die Strategen fündig. Kritiker wittern in der Einkaufstour ein Ablenkungsmanöver des angeschlagenen Premiers Abhisit.
Thailand, das Land des Lächelns, rüstet auf. Der internationale Rüstungsinformationsdienst "Strategic Defense Intelligence" schreibt über das Land: "Der Verteidigungsetat wird bestimmt durch verstärkte terroristische Aktivitäten, Massenproteste und innere Instabilität." Für die internationalen Waffenschmieden heißt das: "In den kommenden fünf Jahren sind bedeutende Investitionen in Ausrüstung zu erwarten, mit denen das Land maritimen Bedrohungen begegnen und Ausschreitungen kontrollieren kann." Thailand, so urteilt der renommierte Informationsdienst, liefere sich derzeit geradezu einen "Rüstungswettlauf mit seinen Nachbarländern". Nach einem vom "Asian Defence Journal" angefertigten Überblick stiegen die Verteidigungsausgaben Thailands in den vergangenen zehn Jahren von 1,63 Milliarden Dollar auf 5,6 Milliarden.
Nun soll auch die Marine zu ihrem Recht kommen: Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva stimmte Zeitungsberichten zufolge dem Ankauf von sechs ausgemusterten deutschen U-Booten zu. Über 30 Jahre haben die Boote der Klasse U-206 in der Bundesmarine ihren Dienst getan. Nun sollen sie nach einer technischen Überholung Thailands Seestreitmacht zu neuem Glanz verhelfen. Marine-Kommandeur Kamthorn Pumhiran erklärte stolz, sein Land werde dank der U-Boote zu einer der führenden Seefahrernationen in der Region, auf Augenhöhe mit den Nachbarländern, die sich bereits eine Unterwasser-Flotte zugelegt haben: Indonesien, Singapur, Malaysia und Vietnam. Vize-Premier Suthep Thaugsuban begründete das 257 Millionen Dollar teure Geschäft schwammig mit dem Hinweis, von diesem Staaten könne möglicherweise eine Gefahr für Thailands Sicherheit ausgehen.
Für die thailändische Marine würde sich ein Jahrzehnte alter Traum erfüllen: Vor 60 Jahren verhandelte das damalige Königreich Siam mit Japan zum ersten Mal über die Anschaffung von U-Booten. Doch die Pläne hätten sich ebenso zerschlagen wie die Hoffnungen, das begehrte Kriegsgerät in Israel beschaffen zu können, so Admiral Kamthorn. Zuletzt wurde 1995 der Ankauf schwedischer Kockum-U-Boote sondiert. Vergeblich. Natürlich wären der Marine neue Schiffe lieber gewesen als die alten deutschen U-Boote, gibt Kamthorn zu. Die wären allerdings zu teuer gewesen. Angesichts der Geldknappheit im Staatshaushalt sei die Marine auch mit den sechs ausgemusterten deutschen U-206 zufrieden, auch wenn sie wahrscheinlich nur noch sechs bis sieben Jahre einsatzfähig seien. Noch vor Ende April solle der Ankauf durchgepeitscht werden, rechtzeitig vor der für Anfang Mai erwarteten Auflösung des Parlaments, kündigte der Admiral nach einem Bericht der "Bangkok Post" an.
Der Grund für die Eile ist offenkundig: In dem von immer neuen Putsch-Gerüchten verunsicherten Land will Ministerpräsident Abhisit das Militär auf seine Seite bringen. Der kritische Politikwissenschaftler Surachart von der Chulalongkorn Universität sagt denn auch offen: "Ich bin überzeugt, dass das ein populistischer Schachzug der Regierung ist, um sich die Stimmen der Militärs zu sichern."
Das Medien-Echo über den geplanten U-Boot-Deal ist verheerend. Der Leitartikler der "Bangkok Post" fragt süffisant, ob die Regierung die Millionen nicht besser zur Deckung des Haushaltsdefizits, zur Unterstützung der Bauern, zur Bekämpfung der Armut, zum Ausbau alternativer Energien oder zur Deckung der Kosten der populistischen Ausgaben verwenden sollte, mit denen Abhisit und seine Demokratische Partei auf Stimmenfang für die geplante Neuwahl gehen. Es sei nämlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich, sich ein Szenario vorzustellen, bei dem die Schiffe dem Nutzen des Landes dienen könnten. "Selbst die einfallsreichsten Einsatzplaner werden sich schwer tun, eine Situation zu beschreiben, in der eine U-Boot-Flotte die Nation retten könnte," höhnt der Leitartikler. Die Regierung solle lieber das Sehrohr ausfahren und um sich blicken, rät er Abhisit und seinem Kabinett und befindet: "Das ist ein Deal, ohne den unser Land und unsere Marine gut leben kann."
Doch nach Heer und Luftwaffe soll eben auch Thailands Marine nun ihr Spielzeug bekommen - und Verteidigungsminister Prawit bügelt alle Einwände kurz und bündig mit dem Totschlagargument ab: "Wir brauchen die U-Boote zur Verteidigung unseres Landes."
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,754290,00.html