Hasso überlegte, was er heute anstellen sollte. In Anbetracht seines Termins auf der Deutschen Botschaft am nächsten Morgen würde er die Nacht mit Sicherheit nicht zum Tage machen. Er überlegte kurz, ob er der Patpong einen Besuch abstatten sollte. Es war zwar nicht unbedingt seine Ecke, aber auch hier hingen Erinnerungen und er pflegte immer noch alte Bekanntschaften. Der Tavern Pub, die kleine Bar von Tony und Toy auf der Patpong 2 etwas näher an der Surawong als der Silom gelegen war ihm immer noch einen Besuch wert. Sein altes Mädchen, wie er Bet, eine der besten Dart-Spielerinnen die er in Bangkok kennengelernt hatte, wollte einfach nicht altern, und obwohl über 50 sah sie immer noch blendend aus. Und er freute sich immer wieder, sie zu sehen und ein kleines Spielchen mit ihr zu wagen, auch in dem Bewusstsein, dass er der Verlierer sein würde. Aber irgendwie fehlte ihm heute die Motivation für die Patpong, diese ehemals verruchte Viertel, dass einst einem Chinesen gehörte und dessen Namen es noch heute trug.
In den letzten 20 oder 25 Jahren hatte sich die Patpong mehr und mehr zu einem Night-Bazar für Touristen gewandelt, billige Raubkopien, Plagiate namhafter Ikonen aus der Modewelt wie Dolce und Gabbana, Gucci, etc. wurde dort zu überteuerten Preisen ahnungslosen und unbedarften Touristen feilgeboten, die im Anschluss immer noch glaubten, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Zudem gab es dort jede menge Taschendiebe, die leichtsinnige Touristen mal schnell erleichterten, ohne dass diese es sofort bemerkten. Schlepper, die unbedarfte in Bars schleppten um sie dort gnadenlos abzuziehen gab es zwar damals auch schon, aber das Geschäft war merklich aggressiver geworden.
Heute entschied sich Hasso gegen die Patpong, Er hatte auf diesen Trubel keinen Bock. Er hatte Lust auf eine Massage, wahrscheinlich in Anbetracht des letzten Tages des thailändischen Neujahrs das Beste, was er tun konnte. Er kannte einige Massagen, oder besser gesagt, Mädchen, die in Massagen arbeiteten, meist in den Sois 18, 20 und 22 an der Sukhumvit Road. Er entschied sich, auf gut Glück die Soi 18 aufzusuchen. Hier hatte er die besten Erfahrungen gemacht. Mit Vergnügen erinnerte er sich an die hübsche Ning. Es hatte ihn einiges an Mühe und Charme, nicht jedoch an Geld gekostet, sich mit ihr zu treffen. Amüsiert dachte er an ihre Standard-Antwort zurück, ein unvergleichliches 'No', das regelmäßig über ihre Lippen kam, sobald er auch nur einen Wunsch äußerte. Aber letztendlich hatte sie ihm immer und auch mehr gegeben, als er eigentlich erwartet hatte. Ning war nicht mehr vor Ort und Hasso war noch nicht einmal traurig darüber. Denn Ning hatte den Absprung geschafft und war jetzt glücklich mit einem Schweizer verheiratet. Schicksale wie die von Ning erfreuten Hasso, insbesondere dann, wenn er diese Mädchen selbst zuvor gekannt hatte.
Pa, eine junge Masseuse, die wohl recht neu im Geschäft war, hatte er vor einem halben Jahr dort kennengelernt. Er war ein paar Mal mit ihr aus, musste aber feststellen, dass sie recht einfältig und dumm war. Sie hatte wohl auch ihren Arbeitsplatz gewechselt, aber wo sie jetzt arbeitete, wusste er nicht mehr.
Seine letzte Bekanntschaft dort war eine ziemlich große und schlanke Lady namens Meh, die seinen Ehrgeiz gefordert hatte. Im Gegensatz zu den anderen Ladies hatte sie leider die unangenehme Eigenschaft, Preisverhandlungen genau dann zu beginnen, wenn er sich schon im Reich seiner erotischen Fantasien befand. Allerdings hatte sie einen gewissen Reiz an sich, der Hasso dazu verleitete, sich auf das Spiel einzulassen. Auf ihre exorbitant hohen Preisvorstellungen für einen kleinen Extra-Service in Form einer Handentspannung reagierte er gelassen und nach etwas Smalltalk unter Zuhilfenahme seiner Sprachkenntnisse und dank seiner lockeren Art einigte man sich auf einem Preis, der für beide noch akzeptabel war.
Hasso war dann aber doch überrascht, wie sehr sich Meh auf ihn einließ. Letztendlich lag sie nackt auf der Liege und sein Kopf befand sich zwischen ihren Schenkeln und es war offensichtlich und hörbar, dass sie es genoss. Und natürlich revanchierte sie sich entsprechend.
Hasso hatte seitdem Meh immer wieder auf seinem Programm, wenn es ihn in Bangkok nach einer Massage gelüstete und auch heute war ihm danach, sie aufzusuchen. Er hatte keine Lust, Neues auszuprobieren und so war seine Entscheidung schnell gefällt. Mit dem Taxi fuhr er zur Soi 18. Er hatte den Taxifahrer auf Thai angesprochen und ihm erklärt, wohin er wollte. und der Fahrer machte erst gar nicht den Versuch einer Sightseeing-Tour sondern fuhr auf dem kürzesten Weg zur Soi 18. Per SMS hatte sich Hasso zuvor bei Meh angemeldet und sie hatte ihm entsprechend geantwortet und ihm mitgeteilt, dass sie Zeit hätte.
Meh empfing ihn bereits am Eingang der kleinen Massage und zusammen gingen sie nach oben. Während Meh sich entsprechend für die Massage umzog, tat es Hasso ihr gleich, entledigte sich seiner Sachen und legte sich bäuchlings auf die Massage. Hasso fiel auf, dass Meh etwas verschlossener wirkte als sonst und es dauerte auch nicht lange, bis sie ihm erzählte, was ihr offensichtlich am Herzen lag. Meh wusste um Hassos Vorlieben bei einer Massage und es schien ihr doch etwas schwer zu fallen, mit der Sprache herauszurücken.
"Hasso, I think I have good luck. I have a boyfriend now. He is from Australia and I met him a couple of month before. He want to stay with me and last time he was here, he bought a small condo for me. He knows, that I am still working, but he asked me not to do more."
Einerseits freute es Hasso, dass Meh ihm diese News mitteilte, andrerseits war er sich aber auch der Bedeutung bewusst. Wie es schien, hatte Meh in dem Australier jemanden kennengelernt, der es ernst mit ihr meinte. Und für Meh bedeutete das eine Zukunft, die ihr erst einmal Sicherheit und einen Ausstieg aus diesem Gewerbe bot, das zwar einerseits auf professionellem Massagehandwerk beruhte, aber andrerseits auch ein gutes Zubrot durch das Anbieten spezieller Dienstleistungen versprach. Und das machte wahrscheinlich an ihrem Verdienst den größten Batzen aus, ein Vielfaches von dem, was sie regulär hier verdienen würde. Hasso war sich klar darüber, dass er nunmehr nicht mehr allzu viel erwarten durfte. Eine Handentspannung war sicherlich noch drin, mehr zu verlangen hätte Meh möglicherweise in einen kleinen, inneren Konflikt gestürzt.
Hasso ist es schon öfter aufgefallen, dass Mädchen, die eine gesicherte Zukunft vor Augen hatten, es tunlichst vermieden, diese durch Dummheit wieder aufs Spiel zu setzen. Er für sich hatte Verständnis dafür, aber es gab genug, die das überhaupt nicht verstanden und glaubten, es mit dummen Nutten zu tun zu haben, denen es lediglich darum ging, Geld zu verdienen. Aber gerade in dieser Szene gab es Augen und Ohren, die Vieles sahen und hörten. Und es gab genug Farang, die ihre Angebetete testeten, indem sie jemanden vorbeischickten um herauszufinden, was ihr Schatz so hinter ihrem Rücken trieb. Hasso hielt ein solches Verhalten für grenzwertig. Diese Mädchen hatten ihren Beruf gewählt, um sich und ihre Familie zu unterstützen, meist auch in der Hoffnung, den Richtigen, den Einen zu finden, mit dem sie ihr Leben teilen konnten. Und hatten sie eine sichere Partie gefunden, war es das auch schon mit ihrem Geschäft. Ausnahmen gab es natürlich immer wieder und auch Hasso kannte einige Mädchen, die diesen Fehler zumindest einmal gemacht hatten. Und er war der letzte, der versuchen würde, ein Mädchen in diese Versuchung, eigens gesetzte Grenzen zu überschreiten, zu treiben. Dafür kannte er diese Szene zu gut und würdigte dies mit dem den Mädchen gebührenden, nötigen Respekt.
Meh bedankte sich bei Hasso für sein Verständnis auf ihre besondere Art mit einer einfühlsamen Handentspannung. Hasso gab Meh trotzdem ein üppiges Trinkgeld und Meh bedankte sich bei Hasso mit einem vom Herzen kommenden Hom auf seine Wange. Wahrscheinlich war es das letzte Mal, dass Hasso Meh sah. Bei seinem nächsten Besuch würde er sie wahrscheinlich nicht mehr antreffen. Viele Mädchen, die einen sicheren Hafen ansteuerten, brachen rigoros mit ihrer Vergangenheit, versuchten sie teilweise ganz auszulöschen, zumindest die sichtbaren und nachweisbaren Spuren. Meh würde ihre Nummer auschecken und somit nicht mehr erreichbar sein.
Hasso gönnte sich im Anschluss an die Massage noch einen kleinen Spaziergang entlang der Sukhumvit bis hinunter zur Soi 4, wo er sich ein Taxi nahm und sich zum Freddy 2 fahren ließ. Es war kurz vor Mitternacht als er in Bett lag und die Augen schloss.