Ein Frühstück mit Unterbrechung
Am nächsten Morgen wachte ich auf, blinzelte ins sanfte Licht, das durch die Vorhänge fiel – und versuchte zu realisieren, was da eigentlich gestern alles passiert war. Mein Kopf war noch etwas benebelt vom gestrigen Trubel, mein Körper angenehm erschöpft – aber als mein Blick zur Seite glitt, war da dieser Moment, in dem ich dachte: Träum ich noch oder... ist das echt?
Sie lag da – friedlich, tief schlafend, in sich versunken. Ihr Gesicht entspannter als alles, was ich bisher in dieser Stadt gesehen hatte. Was für ein hübsches Geschöpf, schoss es mir durch den Kopf. Und kurz danach: Okay, krass... das ist wirklich passiert.
Ich wollte sie nicht wecken, also schlich ich mich leise wie ein Ninja auf Zehenspitzen ins Bad, erledigte meine morgendliche Routine und ließ mir unter der Dusche das heiße Wasser über den Kopf laufen – nicht nur zur Erfrischung, sondern auch, um den gestrigen Tag irgendwie zu sortieren.
Was war das bitte für ein Start gewesen? Ein Flug, eine Massage, Pad Thai, Soi Cowboy, ein unerwartetes Date – und jetzt dieses Gefühl, als wäre ich mitten in einem sehr gut produzierten Reisetraum.
Als ich aus dem Bad kam, schlief sie immer noch – in sich gekehrt, völlig unbeeindruckt von meiner inneren Achterbahn. Ich lächelte, schnappte mir leise meine Sachen und beschloss: Ich lasse sie erstmal schlafen.
Ich setzte ich mich ans Buffet, füllte meinen Teller mit allem, was nach „Start in den Tag“ aussah – Mango, Rührei, Toast, ein bisschen irgendwas Frittiertes, das ich nicht identifizieren konnte – und suchte mir einen ruhigen Platz.
Während ich kaute, versuchte ich zu begreifen, was da eigentlich los war. Bangkok hatte mich gestern mit voller Wucht begrüßt – mit allem, was dazugehört. Und ich hatte das Gefühl, das war erst der Anfang.
Ich saß gerade mit meinem Kaffee in der Hand, ließ den gestrigen Abend an mir vorbeiziehen und starrte gedankenverloren durch die Gegend, als mein Handy vibrierte.
"Where are you?"
Ich tippte zurück: "having breakfast, sweety."
Keine 30 Sekunden später kam ihre Antwort. Locker, verspielt, ganz beiläufig – aber mit einer Wirkung wie ein Stromschlag.
"Ok, I'll take a shower now. Do you want to join?"
Wait... what?!
Meine Augen wurden groß, mein Kaffee plötzlich völlig uninteressant, und mein Hirn ratterte auf Hochtouren. War das gerade ein Scherz?
Aber come on – natürlich nicht! Waaait for me antworte ich, ließ Toast, Rührei und Mango eiskalt zurück, stand auf wie ferngesteuert, und war in drei Sekunden auf dem Weg zum Fahrstuhl. Wenn Bangkok eins kann, dann ist es: den Plan spontan komplett umschmeißen.
Zurück auf dem Zimmer klopfte ich vorsichtig, trat ein – und da war sie, mit einem schelmischen Blick aus dem Badezimmer, halb im Dampf, halb im Licht. Ich schloss die Tür hinter mir, grinste – und wusste: Das Frühstück wird wohl etwas verschoben.
(Kleine Randbemerkung an mich; das landet jetzt fix auf meiner To-do-Umbauliste: ’ne Dusche, ebenerdig, riesig – genug Platz, um jede wilde Fantasie auszuleben, die mir gerade in den Sinn kommt. Mal ehrlich, wer will ’ne lahme Standarddusche, wenn man stattdessen ’nen kleinen Abenteuerspielplatz für alle möglichen Eskapaden haben kann?)
Nach unserer – sagen wir mal – belebenden Dusche machten wir uns gemeinsam fertig und gingen dann ganz entspannt frühstücken. Ich diesmal mit mehr Appetit, weniger innerem Chaos, aber definitiv mit einem breiteren Grinsen im Gesicht.
Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile. Es war angenehm locker, kein peinliches Schweigen, kein Druck. Einfach zwei Menschen, die sich zufällig über den Weg gelaufen waren und einen kleinen Moment zusammen geteilt hatten. Irgendwann blickte sie auf ihr Handy, verzog leicht das Gesicht und sagte: „I think I have to go soon.“
Klar, kein Ding. Ich spürte selbst, dass die letzten 36 Stunden langsam in meinen Knochen saßen. Jetlag, Abenteuer, zu wenig Schlaf und zu viele Eindrücke – mein Körper schrie förmlich nach einer zweiten Runde Bett. Und außerdem: Ich hatte ja später noch eine Verabredung mit Ilaya. Meine Internetbekanntschaft wartete – und da wollte ich nicht wie ein Zombie auftauchen.
Also verabschiedeten wir uns ganz zwanglos. Kein Kitsch, kein großes Drama, kein „Ich schreib dir“ mit schrägem Unterton. Einfach ein ehrliches: „Hat Spaß gemacht.“
Bevor sie das Taxi rief, fragte sie: „Can we share the taxi fare?“
Na klar doch, sagte ich und drückte ihr spontan 300 Baht in die Hand – keine Ahnung, wie viel die Fahrt wirklich kostete, aber hey... Bangkok rechnet eh anders.
Dann noch ein letztes Lächeln, ein kurzer Blick, Tür zu.
Ich ging zurück aufs Zimmer, schmiss mich aufs Bett, spürte das angenehme Rauschen des Whirlpools noch in den Knochen – und Ich verschwand wieder ins Land der Träume.